Warum eine Beziehung im Büro (k)ein Problem ist

Unerwartet, unerwünscht und für viele unverständlich: eine Liebesbeziehung im Büro. Doch es geschieht nicht gerade selten. Wo die Liebe hinfällt, entscheiden wir ja zum Glück nicht selber. Und wenn Amors Pfeil dann einen Volltreffer im Office landet, beginnt zuerst eine kleine Odyssee, bevor es richtig produktiv werden kann. Keine Angst, ich hole jetzt nicht das Geschichtsbuch raus. Wobei das altgriechische Epos mit den 24 Gesängen von der Irrfahrt des Odysseus durchaus einige Steilvorlagen bietet. Egal, ich kann auch selber ein Lied davon singen.

Das Chaos beginnt im eigenen Kopf

Das Vorhaben, sich gegen die eigenen Gefühle aufzulehnen und zur „Vernunft“ zu kommen, zeigt schnell seine klaren Grenzen. Kurz:

Vergiss es! Wenn es was Ernstes ist, kannst du es nicht einfach wegdenken. Da macht das Herz nicht mit.

Mit der Erkenntnis kannst du dann arbeiten. Das kann aber dauern, da zwei Menschen zu dieser Einsicht kommen müssen, damit es weitergehen kann. Der nächste Schritt braucht Mut und wird zur eigentlichen Belastungsprobe. Und es ist nicht zu beschönigen: Das ist kaufmännisch betrachtet keine sehr produktive Zeit, da der Kopf nicht frei ist.

Offen dazu zu stehen und das Umfeld zu informieren, ist ein Angang, das braucht Rückgrat. Denn dann tauchen sie nämlich auf und melden sich ungefragt zu Wort: selbsternannte Propheten.

„Das geht niemals gut.“ So die Kurzfassung der vernichtenden Predigt.

Vielleicht darf ich ihnen aber auch Dankbarkeit zollen. Mich könnte dieser Ausdruck von fehlender Toleranz und Offenheit tatsächlich motiviert haben. Aber Achtung: Das ist natürlich nicht das Rezept, damit es funktioniert.

Bullshit-Gedanken müssen weg

Damit es klappt, müssen ein paar Glaubenssätze überprüft werden. Der Work-Life-Balance-Gedanke offenbart nämlich seinen ganzen Bullshit-Charakter, wenn du nun versuchst, krampfhaft Arbeit und L(i)eben zu trennen. Das ist tatsächlich das einzige Problem. Im Büro nur zusammen zu arbeiten und zu Hause nicht über Arbeitsthemen zu sprechen, ist fast unmöglich. Erst wenn dieser trennende Gedanke aufgehoben ist, kann eine eigene Kultur entwickelt werden, wie mit der 24-Stunden-Verbindung gut umgegangen werden kann.

Schließlich muss alles integriert werden. Eine private Streitigkeit muss auf der Arbeit ebenso Raum zur Klärung haben wie die reine Konzentration auf sachliche, organisatorische Themen. Ein (z. B. projektbezogenes) Feedback wird so zur empfindlichen Angelegenheit. Es bedarf also eines guten Trainings, sich hier in achtsamer Kommunikation zu üben. In den eigenen vier Wänden und im Besprechungsraum. Diese soziale Hygiene macht sich bezahlt.

Loyalität und Wertschätzung l(i)eben

Wenn das gelingt, entsteht etwas für den Arbeitsprozess sehr Wertvolles. Loyalität und Wertschätzung sind schließlich nicht nur in Liebesbeziehungen wichtig. Sie fördern die gute Zusammenarbeit ungemein. Natürlich geht das auch ohne eine Partnerschaft, klar. Aber ich bin überzeugt davon, dass alleine ein gelebtes, liebevolles Beispiel in einer Organisation inspirierenden Charakter für die Beteiligten hat.

Dann werden auch die Propheten eines Besseren belehrt. Dafür ist es aber wichtig, keine unnötigen Klischees zu bedienen.

Von Händchenhalten, Knutschereien in der Mittagspause oder fliegenden Tassen in der Teeküche rate ich dringend ab.

Auch berufliche Informationen dürfen keine durch die Beziehung privilegierten Reihenfolgen bekommen. Insbesondere dann, wenn die Beziehung auch noch verschiedene Hierarchieebenen miteinander verbindet. Loyalität ist sozusagen auch hier die Devise, die in alle Richtungen gilt.

Für mich ist es ein großes Geschenk, dass ich immer einen Menschen an meiner Seite habe, der mich und meine Arbeit liebt. Was für mich selber unvorstellbar war, ist für mich heute kaum anders denkbar. Doch ich weiß, dass das keine pauschale Lösung ist. Jeder braucht seine ganz eigene Mischung. Und das ist auch gut so!

 

 

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